Arrivederci, Luigi!

Luigi Capo
*11. März 1943 – 31. August 2025

Piano ist ein Dorf in Süditalien. Die große weite Welt ist hier ganz schön weit weg. Luigi Capo, geboren 1943, soll als jüngster von fünf Kindern zur Priesterschule gehen – aus ihm soll etwas werden. Aber er will nicht: »Papa, wenn ich dir in meinen Briefen von meinen Vögeln schreibe, dann musst du mich holen«, fleht er seinen Vater bei seiner Abreise an.

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Und genauso kommt es: In seinem ersten Brief nach Hause fragt Luigi den Vater, wie es seinen Vögeln ergehe. Der hat ein Herz für seinen Sohn und holt ihn nach Hause. Ein Schlitzohr, das sich zu helfen weiß: Das bleibt er, bis Luigi Capo Ende August mit 82 Jahren verstirbt.

Freiwillige Extraschichten

Nach dem missglückten Versuch, Luigi zum Priester ausbilden zu lassen, sorgt sich sein Vater – was soll aus seinem Sohn werden? Im äußersten Süden Italiens gibt es kaum Chancen für junge Menschen, »jemand« zu werden. Schließlich: wie ein Sechser im Lotto! Luigi bekommt eine »La Raccomandata« – ein Empfehlungsschreiben – für das Fiat-Werk in Turin. Der junge Mann tritt an zu seinem ersten Tag – und gleichzeitig zu seinem letzten. »Das mach’ ich nicht«, sagt er.

Er kehrt nicht mehr nach Hause zurück, arbeitet sich stationsweise über Basel, Ratingen, Frankfurt. Dabei lernt er Deutsch, arbeitet hart, wickelt Menschen mit seinem Charme um den Finger. Bis die Liebe ihn schließlich nach Bad Nauheim verschlägt. Und hier wird er bleiben – zwar nicht immer physisch, aber stets mit seinem Herzen.

Alles beginnt an der Pommesmaschine beim Imbiss »Paprika« in der Karlstraße, beim »Litzmann«. Luigi hat Freude an seiner Arbeit, bittet seinen Chef, ihm unbezahlte Extraschichten in dessen Restaurants zu geben – »nur ein paar Tische am Abend«. Luigi will lernen. Und das tut er, auch in seiner Freizeit. Während die wenigen anderen Italiener in der Kurstadt sich abends trafen, um Karten zu spielen, so erzählte er Zeit seines Lebens, habe er sein hart erarbeitetes Geld investiert, um in die wirklich guten Restaurants Frankfurts zu gehen.

Sein erstes eigenes Restaurant: »La Gondola«

»Ich habe geklaut, aber nur mit die Augen«, erzählte er – diesen Satz muss man sich mit einem Augenzwinkern und sympathischem italienischen Akzent vorstellen.

Sein Fleiß zahlt sich aus: 1978 eröffnet Luigi gemeinsam mit seinem Kumpel »Kater« sein erstes eigenes Restaurant »La Gondola« in der Stresemannstraße 38. Dieser Ort wird – bei allem, was kommen wird – das Herzstück bleiben.

Luigi vergisst seine Heimat niemals – auch oder erst recht nicht, als sich der Erfolg einstellt. Er zahlt seinen Geschäftspartner aus, und aus »La Gondola« wird »Da Luigi«. Doch was ihm fehlt, ist ein Team. Also setzt er sich in seinen Fiat und fährt nach Piano.

Dort packt er alle jungen Männer ein, die da stehen, wo er vor ein paar Jahren stand, um ihnen in Bad Nauheim Arbeit zu geben. »Du siehst gut aus, du bedienst das Publikum, und du kommst lieber in die Küche.« Ob Luigi bis zum Schluss »Publikum« statt »Gäste« sagte wegen der sprachlichen Nähe zum Italienischen oder weil ihn die Arbeit so erfüllte, dass die Gäste eher ein Publikum waren, bleibt ungeklärt. 15 junge Männer, alle aus dem kleinen Dörfchen in Süditalien, lernen bei, von und mit Luigi Capo.

Und heute? Sind Sabato, Loreto, Maria, Enzo, Davide, Pasquale und ihre Lokale, ihre Küche, nicht aus Bad Nauheim wegzudenken. Luigis Fingerabdruck findet sich an jeder Ecke. Das strahlendste Kapitel in Leben und Werk von Luigi Capo beginnt als Wagnis: die »Waldhaus«-Übernahme.

Die »Waldhaus«-Erfolgsgeschichte

1986 schreibt die Stadt Bad Nauheim das »Waldhaus« zur Verpachtung aus. Zu diesem Zeitpunkt steht das Kaffee- und Kuchenlokal seit Jahren leer, ist dringend renovierungsbedürftig. 14 Bewerber gibt es – darunter einen Ausländer: Luigi Capo. Er will nicht pachten, er will kaufen. Und er will keinen Kaffee und Kuchen servieren, sondern ein gehobenes italienisches Restaurant – ohne Pizza – eröffnen, wie es das in Bad Nauheim bis dato nicht gibt. Er bekommt den Zuschlag. Monatelang renoviert, unterkellert, restauriert Luigi Capo das »Waldhaus«, sitzt auf jedem Kran, hebt jede Schaufel mit an, bis alles zu 100 Prozent seinen Vorstellungen entspricht. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten wird das »Waldhaus« eine Institution – und das Zuhause für Luigi Capos eigene Familie mit seiner Frau Jutta und seinen beiden Söhnen Alessandro und Giuliano. Viele Jahre lang ist das »Waldhaus« ein Ort voller Leben – hier wird gefeiert, fürstlich gespeist, gelebt. Über den normalen Restaurantbetrieb hinaus sind es vor allem die »Jazz im Wald«-Veranstaltungen, die Luigi Capo gemeinsam mit dem Kulturbeauftragten der Stadt ins Leben ruft, die Strahlkraft haben – sogar bis nach Amerika.

»Das waren große Feste, und die ganze Familie hat mitgeholfen, es war wunderbar«, erinnert sich Giuliano Capo. 2001 verpachtet Luigi Capo das »Waldhaus« – er möchte mit seiner Familie nach Italien ziehen.

Im Jahr 2007 kehrt er zurück

Einige Stationen später – ein paar Jahre in Rom, viele in Sydney, ein paar Abstecher nach Süditalien – kehrt Luigi 2007 mit seinem älteren Sohn Alessandro zurück. Zurück ins Herzstück, zurück in die Stresemannstraße. Das »Da Capo« wird unter der Leitung von Alessandro ein Ort, der alles von der Hingabe seiner Wurzeln enthält und gleichermaßen wächst – ein Restaurant, geprägt von Alessandros Handschrift.

Bis zuletzt verbringt Luigi Capo seine Tage am liebsten hier, fährt zum Großmarkt, wenn etwas fehlt, unterhält sich mit alten Gästen, fährt die Mülltonnen heraus. »Nonno«, wie er dank seiner beiden Enkel Leo und Gio zum Schluss am allerliebsten genannt wird, hört nie auf, davon zu sprechen, die Welt weiter entdecken zu wollen.

Und doch kann er sich nicht trennen von der Mitte seiner erweiterten Familie und verbringt auch seinen letzten guten Tag dort, wo sein Herz zu Hause ist – im Herzen von Bad Nauheim.

© Valerie Becker

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Ein besonderer Ort für Luigi

Grabstandort:
FriedWald Lich
L3355, 35423 Lich, Deutschland
Baum: LIC316

Unter dem Baum LIC316 im FriedWald Lich strahlt das Leben von Luigi weiter. Ein Ort voller Licht, Freude und schöner Erinnerungen – wo die Natur ihn umgibt und besondere Momente lebendig bleiben.

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